22.02.2011
Vortrag von Prof. Dr. Werner Williams

"Welcher hand bücher man gerne hat, groß oder klein, geistlich oder weltlich, hüpsch gemolt" – Die Handschriften aus der Werkstatt Diebold Laubers in der Staats- und Stadtbibliothek  

Als Folge der rasch fortschreitenden Alphabetisierung der Laienwelt im 15. Jahrhundert entstehen neue, effizientere Formen der Buchherstellung, was schließlich mit der Entdeckung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern um die Jahrhundertmitte einen Abschluss findet.

War bis in die ersten zwanzig Jahre hinein das übliche Procedere bei der Herstellung von Handschriften die Anfertigung nach Bedarf gewesen, so gelang dem klugen Geschäftsmann Diebold Lauber aus dem elsässischen Hagenau der gewaltige Schritt hin zu einer bedarfsweckenden Produktion, die im Verlagswesen der Drucker ihre Vollendung finden sollte. Nicht von ungefähr wird die serielle Herstellung Laubers von vorwiegend illustrierten Büchern als Vorbote einer Entwicklung zum Buchdruck hin gesehen. Zwischen 1427 bis ca. 1470 gelang es ihm, mit beachtlichem Erfolg und in großem Stil großformatige Handschriften mit zumeist ganzseitiger Bebilderung von in Adelskreisen besonders beliebten Werken – also auch Werken der sog. höfischen Epik des 12. und 13. Jahrhunderts – herzustellen, und zwar auf Vorrat, die er dann in einer Art Verlagsprogramm weiträumig in Anzeigen zahlungskräftigen adligen Kunden anbot. Insgesamt wurden über die Jahre ca. 45 verschiedene Titel angeboten.

Die Augsburger Staats-und Stadtbibliothek besitzt eine umfangreiche zweibändige Sammlung von Heiligenlegenden aus Laubers Werkstatt. Der erste Band ist reich bebildert, der zweite jedoch ohne Illustrationen, also handelt es sich um eine Handschrift, die zu den seltenen Überlieferungen aus Laubers Produktion gehört. Im Vortrag sollen Laubers Produktionsweise, sein Verlagsprogramm, der Vertrieb sowie die Augsburger Handschriften mit reichlich Bildmaterial vorgestellt werden. 

Prof. Dr. Dr. h.c. Werner Williams unterrichtet seit 1990 Deutsche Sprache und Literatur des Mittelalters an der Universität Augsburg. Zu seinen Spezialgebieten gehören die volkssprachliche Hagiographie und Predigt, die deutsche Mystik, mittelalterliches und frühneuzeitliches Drama, Überlieferungs- und Editionsphilologie, Kodikologie und die mittelalterliche Literatur der Niederlande. Zurzeit arbeitet er an einer umfassenden Literaturgeschichte des 15. Jahrhunderts.