05.04.2011
Vortrag von Dr. Katelijne Schiltz

Adam Gumpelzhaimers "Crux Christi" und die musikalische Rätselkultur in der Renaissance

Die sechsstimmige Crux Christi des in Augsburg wirkenden Adam Gumpelzhaimer (1559-1625) ist eine sowohl optisch als auch musikalisch äußerst ansprechende Rätselkomposition.

Das Stück ist in der Form eines Kreuzes abgebildet – in einigen Quellen wird es sogar von bildlichen Darstellungen zum Kreuzestod umrahmt – und enthält einen doppelten Krebskanon, auf den der Komponist mit verschlüsselten Überschriften hinweist, die Psalm 85 entnommen sind. Das Werk ist auf unterschiedlichen Medienträgern überliefert. Gumpelzhaimer hat es selber handschriftlich in mehrere alba amicorum seinerAugsburger Schüler und Bekannten eingetragen (zwei davon befinden sich in der Augsburger Staats- und Stadtbibliothek). Auch hat er Kupferstiche (von Dominicus Custos und Wolfgang Kilian) sowie einen Holzschnitt (von Alexander Mair) anfertigen lassen. Die Crux Christi schmückte außerdem sein theoretisches Traktat Compendium musicae latino-germanicum und wurde 1613 im letzten Buch (zum Thema „enigmas musicales“) von Pietro Cerones Melopeo y maestro besprochen, was auf eine internationale Verbreitung und Bekanntheit des Stücks schließen lässt.

In dem Vortrag wird Frau Dr. Schiltz sowohl das ikonographische Programm von Gumpelzhaimers Crux Christi vorstellen als auch auf die Besonderheiten der musikalischen Konstruktion eingehen. Dabei soll gezeigt werden, dass Gumpelzhaimer mit der Tradition der musikalischen Rätselkultur vertraut war und sogar versuchte, konkrete Vorbilder in mehrfacher Hinsicht zu überbieten.

Katelijne Schiltz (LMU München) studierte Musikwissenschaft an der Universität Leuven (Belgien) und Early Vocal Music an der Hochschule in Tilburg (Niederlande). Zu ihren Spezialgebieten gehören die Musik im Venedig des 16. Jahrhunderts (vgl. die Dissertation zu den Motetten Adrian Willaerts, 2003), die frankoflämische Polyphonie und Techniken des Kanons (vgl. die von ihr gemeinsam mit Bonnie J. Blackburn herausgegebene Aufsatzsammlung Canons and Canonic Techniques, 14th-16th Centuries, Leuven, 2007). Zuletzt beschäftigte sie sich vor allem mit der Präsenz des Todes in der Musik vom Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert und mit der musikalischen Rätselkultur in der Renaissance. Zu diesem Thema bereitet sie zur Zeit eine englischsprachige Monographie vor.